Rezeptsammlung Fleisch - Rezept-Nr. 1436

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Feine Schinken aus Aller Welt: 'Saugut' 1/2

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Zutaten


   FEINE SCHINKEN AUS ALLER
1 klein. Warenkunde für
    -- Kenn
 

Zubereitung

Im Lebensmittellexikon des Dr. Ötker wird der Schinken, auch Keule oder Schlegel genannt, wertvollstes Stück vom Schwein gerühmt. Und tatsächlich werden aus den rundlich wohlgeformten Hinterteilen - mit oder ohne Knochen, roh oder gekocht - Schinkenspezialitäten gemacht, die, ob sie nun San Daniele heißen, Holsteiner Katenschinken oder Pata Negra, eine Delikatesse sein können: rosa bis tor das Fleisch, schneeweiß das Fett, duftig, saftig, zart bis herzhaft im Geschmack. Nur leider sind solche Elite-Schinken, die, wie Kenner schwärmen, mit zarter Süße auf der Zunge abschmelzen, selten geworden. Es triumphiert die Massenware.
 
Punkt eins im Sündenkatalog wider den guten Schinken ist natürlich das Schwein. Von Tieren, die im Rekordtempo gemästet werden und unter Stress leben, ist keine gute Fleischqualität zu erwarten. Dies gilt beispielsweise auch für Parmaschinken, der keineswegs immer von den heimischen Schweinen stammt, sondern ebenso von Importen aus Oldenburg und den Niederlanden. Experten schätzen, daß pro Jahr rund zehn Millionen Parma-Schinken produziert werden - 1963 waren es gerade mal 129.948 Stück. Die zweite Sünde bei der Behandlung des rohen Fleisches, dem Pökeln. Da wird zwischen drei Arten unterschieden: Tocken-, Nass- und Spritzpökelung. Bei der Trockenpökelung wird der Schinken per Hand mit Salz und Araomastoffen (Kräuter und Gewürze wie Pfeffer, Koriander, Kümmel, Wacholderbeeren, Piment etc.) eingerieben und - je nach Größe und Tradition- zwei bis sechs Wochen gelagert. Das Salz brennt bis zum Kern durch und entzieht dem Schinken Wasser. Nach der REinigung kann der Schinken geräuchert oder gleich zum Trocknen an die Luft gehängt werden. Bei der Nasspökelung wird das Fleisch mit Pökelsalz eingerieben, in Bottiche gelegt, gepreßt und mit einer Lake aus Kochsalz, Pökelstoffen, Gewürzen sowie Pökelhilfsstoffen (wie z.B. Ascorbinsäure) übergoßen. Das feinere Verfahren, bei dem das Fleisch zrater wird, ist die Trockenpökelung, die freilich derart aufwendig ist, daß vielfach die Spritzpökelung angewandt wird: die Injizierung der Lake mittels Hohlnadeln direkt in sFleisch. Der mit dieser Methode behandelte Schinken weist einen verräterischen Regenbogenschimmer auf den angeschnittenen Scheiben auf. Sünde Nummer drei sind Zusatzstoffe, von denen es in Billigschinken wimmelt. Die Palette reicht von Glutamat, das benutzt wird, um Schinken, der von Haus aus arm an Geschmack ist, etwas Aroma einzuhauchen, über Verdickungsmittel und Eiweiß aus Schweineblutplasma bis zu Phosphaten, die Wasser im Fleisch binden und den Schinken schlicht schwerer machen. Einfluß auf die Qualität des Schinkens hat naturgemäß auch die Art des Räucherns, das zur Konservierung aber auch der Aromatisierung dient. Nördlich der Alpen wird traditionell geräuchert, südlich davon nahezu ausschliesslich luftgetrocknet. Je niedriger die Temperaturen beim Räuchern sind etwa um die 18-20°C-, desto milder wird das Fleisch. Höhere Temperaturen ergeben einen intensiveren, würzigeren Geschmack, wie er für den Schwarzwälder Schinken typisch ist. Ein entscheidender Faktor ist schliesslich die Zeit. Ein erstklassiger Schinken reift ein, zwei und mehr Jahre bis zu seiner Vollkommenheit heran. In industriell betriebenen Räucheröfen wird Gas bei gleichzeitigem Verschwelgen von Sägemehl eingesetzt. Solche im Zeitraffer innerhalb weniger Tage erzeugten Schinken sind eine Todsünde wider den guten Geschmack. Allerdings sind die Konsumenten daran mitschuldig, wenn sie meinen; für 99 Pfennig könne es vorzügliche 100Gramm Schinken geben. Das ist eine Illusion, salzi gund wäßrig. Spitzenqualität soll man im Fachhandel kaufen, aber nicht fertig abgepackt, sondern hauchdünn vom ganzen Stück abgeschnitten. Dann wird der Schinken zum Aroma-Erlebnis in Scheiben und das Oxford Symposium on Food and Cookery, eine Art Club of Rome der Essund Trinkkultur, müsste den wahren Schinken nicht auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Nahrungsmittel setzen.
 
Fortsetzung 2
:Erfasser : TAMKAT
:Datum : 19.10.2004

Quelle

BOULEVARD-Tageszeitung
erfaßt v. Renate Schnapka
am 11.04.98

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